Vorwort
Ursprünglich waren für den Start von Bladewalkers.de einige allgemeine Artikel und Hintergrundinformationen vorgesehen, welche wir bisher so nicht veröffentlicht haben. Grund dafür war vor allem der Umfang und die recht trockenen Themen. Unter anderem war auch ein Artikel zum Thema „Was ist erlaubt?“ vorgesehen. Kürzlich trat ein Leser mit der Idee an uns heran eine Art Ampelsystem in den Artikeln einzuführen: Damit wäre auf einen Blick ersichtlich ob z.B. ein Messer geführt werden darf oder nicht. In der Tat würden wir gerne ein solches System einführen. Auch gab es bei uns bereits vor dem Launch der Seite diesbezügliche Überlegungen. Letztlich haben wir uns aus zwei Gründen dagegen entschieden: Zum einen können und möchten wir keine Rechtsberatung durchführen. Zum anderen ist das Thema im Detail recht komplex und auslegungswürdig, weshalb es mit einer einfachen „Ampel“ nicht getan ist. Stattdessen habe ich mich dazu entschlossen meine persönliche Sicht der Dinge und meine Erfahrungen mit dem Thema darzulegen. Dieser Artikel dient somit lediglich der Unterhaltung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Neben den Gesetzen selbst habe ich mich diesbezüglich mit mehreren Quellen in Form von Polizeibeamten, Mitarbeitern des Ordnungsamts und meiner Waffenbehörde ausgetauscht. Auch die Website des Bundeskriminalamts birgt einige Interessante Informationen zum Thema: https://www.bka.de.
Rechtliche Grundlagen
Die erste Frage die sich stellt ist die der Rechtsgrundlage: Maßgeblich für die Messerwelt hierzulande sind die Paragrafen 40 und 42a des deutschen Waffengesetzes. Der §40 regelt hier den Besitz, der §42a das Führen. In den dazugehörigen Anlagen finden sich die entsprechenden Begriffserklärungen bzw. Listen der betreffenden Gegenstände. In Bezug auf Messer lässt sich das Ganze wie folgt zusammenfassen:
§40 WaffG: Erwerb und Besitz
Der §40 „Verbotene Waffen“ und die dazugehörige Anlage ordnen einige Messerarten als verbotene Gegenstände ein. Das heißt der Erwerb, die Herstellung und der Besitz dieser Gegenstände ist hierzulande damit grundsätzlich verboten. Hierunter fallen Faustmesser, Fallmesser, Balisongs (Butterflys) und bestimmte Spring- bzw. Automatikmesser. Ferner sind u.a. auch „Hieb- oder Stoßwaffen, die ihrer Form nach geeignet sind, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen, oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind“ verboten. Die Einordnung in die letztgenannte Kategorie ist nicht ganz einfach. Zu manchen Modellen gibt es allerdings Feststellungsbescheide des Bundeskriminalamtes welche im Einzelfall entscheiden:
Beispiele:
Die Sinclair Cardsharp stellt z.B. keinen verbotenen Gegenstand dar:
Auch dieses Messer in Form eines Schlüssels ist kein verbotener Gegenstand:
Hingegen ist dieser Schlüsselanhänger ein verbotener Gegenstand:
Interessant ist auch dieses Beispiel: Das Messer ist mit Scheide als Verbotener Gegenstand eingestuft, da es einem Kugelschreiber sehr ähnlich sieht. Ohne Scheide, also ohne „Maskierung“ ist es hingegen OK:
Ebenfalls interessant ist der Feststellungsbescheid zu „Rettungsmessern“.
Zwischenfazit zum §40
Zusammengefasst kann man sagen, in den meisten Fällen ist der Erwerb und der Besitz von Messern recht klar geregelt. Es gibt natürlich noch ein paar Ausnahmereglungen, welche den Rahmen dieses Artikels allerdings vollkommen sprengen würden. Jedenfalls ist die breite Masse an Messermodellen ist hierzulande legal. Man sollte sich bewusst machen das Verstöße gegen das Waffengesetz nicht gerade zu den Kavaliersdelikten gehören. Deshalb ist beim Kauf von Messern eine gewisse Vorsicht geboten, insbesondere wenn man Messer im Ausland kauft. Ein hierzulande verbotener Gegenstand ist in anderen Ländern evtl. legal zu erwerben und kann als Urlaubsmitbringsel für unschöne Erlebnisse z.B. bei einer Zollkontrolle führen. Für Internetbestellungen im Ausland gilt das gleiche. Aber auch hierzulande, z.B. auf Flohmärkten und dergleichen, kann es durchaus vorkommen das „Altbestände“, seitens des Verkäufers durchaus auch unwissentlich, angeboten werden.
Also: Augen auf beim Messerkauf!
§42a WaffG: Das Führen von Messern
Der §42a "Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen"samt der dazugehörigen Anlage regelt u.a. das Führen von Messern in der Öffentlichkeit. Ist das Messer in einem abgeschlossenen Behältnis spricht der Gesetzgeber von „Transport“. Ist das Messer im direkten Zugriff, also z.B. in der Hosentasche oder am Gürtel ist dies „Führen“. Ein Messer im Handschuhfach des Autos oder im Rucksack gilt im Zweifel ebenfalls als „Führen“. Einem Führungsverbot unterliegen (Zitat): „Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm“. Liegt allerdings ein „berechtigtes Interesse“ vor, darf man auch solche Messer führen. „Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.“
Geht es um das Führen von Messern kommt es in der Praxis allerdings zu einigen Problemen bzw. Grauzonen. Klappmesser ohne Verrieglung, z.B. Slipjoints unterliegen keinem Führungsverbot.
Feststehende Messer sind vergleichsweise eindeutig geregelt. Man braucht letztlich nur die Klingenlänge zu messen.
Einhandmesser
Einhandmesser im Sinne des Gesetzes weisen zwei Merkmale auf: Die Klinge lässt sich mit einer Hand öffnen UND verriegelt. Es geht hier um die Bauart bzw. die Intension hinter der Konstruktion. Hat ein Messer also eine Öffnungshilfe wie z.B. Thumbstuds, Flipper oder Daumenlöcher und eine „starre“ Verrieglung wie z.B. ein Backlock, Framelock oder Linerlock ist es als Einhandmesser zu werten. Da keine weitere Unterscheidung getroffen wird fallen hierunter auch Teppichmesser oder Arbeitsmesser mit Abbrechklingen usw. sofern sie über die entsprechenden Eigenschaften verfügen. Auch Multitools mit entsprechenden Eigenschaften sind betroffen.
Zweihandmesser
Muss man die zweite Hand zum Öffnen des Messers benutzen spricht man von „Zweihandmessern“, hier findet man meist maximal einen Nagelhau. Diese Messer können auch Verriegeln ohne vom Führungsverbot betroffen zu sein. Allerdings kann man so manches „Zweihandmesser“ durchaus auch mit einer Hand öffnen. Teilweise ist hier einiges an Geschick und/oder Kraft gefordert. Auch kann man so manches Messer die Achsschraube derart einstellen, das man es aufschleudern kann, auch wenn die Klinge dann mitunter erhebliches Spiel aufweist. Ob das Messer dann noch praxisgerecht oder gar sicher in der Handhabung ist sei einmal dahingestellt. Es geht dem Gesetzgeber in solchen Fällen nicht um die Praxistauglichkeit. Auch wenn das Messer von der Bauart her für eine Zweihandbedienung ausgelegt ist, bedeutet dies deshalb nicht immer das man „sicher“ sein kann:
Für manche Messer gibt es Feststellungsbescheide des Bundeskriminalamtes. Hier z.B. über das Pohlforce Foxtrot Two Outdoor, welches zwar Augenscheinlich als Zweihandmesser konzipiert ist allerdings trotzdem als Einhandmesser gewertet wird.
Modifikationen
Umgekehrt liest/hört man immer wieder den „Tipp“ z.B. die Thumbstuds bei Messern abzuschrauben um ein Messer §42a konform zu machen. Stellt man nun die Klinge recht „stramm“ ein kann man so sicherlich aus einem „Einhandmesser“ ein „Zweihandmesser“ machen. Die Öffnungshilfe, als bauartbedingtes Merkmal ist damit entfernt. Allerdings erhält man zwangsweise Löcher in der Klinge welche ggf. auch als Öffnungshilfe gewertet werden können. In jedem Fall würde ich hier peinlich genau darauf achten, das das Messer dann auch tatsächlich nicht „irgendwie“ doch mit einer Hand zu öffnen ist.
Ausnahme: Das berechtigte Interesse
Eine weitere Problematik stellt sich in der Ausnahmereglung bei einem berechtigten Interesse dar. Wann tatsächlich ein solches Interesse vorliegt, was wie, und wann von wem anerkannt wird, ist nicht genau definiert und damit im Einzelfall abhängig von den zuständigen Behörden. Liegt nun aber ein solches Interesse vor, z.B. im Rahmen der Berufsausübung, stellt sich darüberhinaus noch die Frage, ob z.B. auch der Weg zur Arbeitsstelle durch ein solches Interesse abgedeckt ist oder nicht. „Selbstverteidung“ stellt definitiv kein berechtigtes Interesse dar. Das Bundeskriminalamt schreibt hier zum Thema:
„Das Waffengesetz lässt aber eine entscheidende Ausnahme im Sinne des legalen Führens zu. Bei einem berechtigten Interesse greift das Verbot nicht. Das Waffengesetz nennt hierfür beispielhaft: Berufsausübung, Brauchtumspflege, Sport oder einen allgemein anerkannten Zweck. Die Aufzählung ist nicht abschließend, so dass jeder sozialadäquate Gebrauch von Messern weiter möglich ist. Kein berechtigtes Interesse ist es nach der Gesetzesintention dagegen, ein Messer zu Verteidigungszwecken mit sich zu führen.“
Quelle: https://www.bka.de/SharedDocs/FAQs/DE/Waffenrecht/waffenrechtFrage03.html
Unterschiede in der Umsetzung
Die Polizeibehörden der einzelnen Bundesländer geben an ihre Beamten teils abweichende Anweisungen bzw. Informationsbroschüren heraus. Deshalb kann es durchaus zu Unterschieden bei der Anwendung von Gesetzen und Vorschriften kommen. Zu manchen Messern gibt es Feststellungsbescheide des BKA (siehe oben), zu vielen Modellen allerdings nicht. Es liegt zudem in jedem Fall, bis zu einem gewissen Maß, im Ermessensspielraum des Beamten was er durchgehen lässt und was nicht.
Nehmen z.B. wir an Polizisten kontrollieren einen auffälligen jungen Mann zu nächtlicher Stunde im Stadtpark einer Großstadt. Hier könnte es durchaus sein, dass zur Sicherheit auch mal ein an sich §42a konformer Gegenstand sichergestellt wird. Andersherum kann es durchaus sein, dass bei einer Kontrolle eines 50jährigen, um die Mittagszeit im ländlichen Raum, ein Einhandmesser keine Beanstandung findet, oder es mit einer Ermahnung getan ist.
Darf ich nun, oder nicht?
Ist man nun der Meinung über ein berechtigtes Interesse zu verfügen und entschließt sich ein Einhandmesser zu führen bedeutet dies, dass man sich in einer gewissen Grauzone bewegt. Denn selbst wenn man persönlich über eine gewisse Rechtsicherheit verfügt, kann man im Falle einer Kontrolle z.B. durch Polizeibeamte nicht immer erwarten, dass diese es dann genauso sehen, wie man selbst. Vieles ist, wie bereits erwähnt, Auslegungssache bzw. liegt im Ermessensspielraum. Deshalb kommt es oft auch auf den persönlichen Eindruck an und ob man seinen Grund glaubhaft vermitteln kann. Ist man freundlich und bleibt dies auch wenn man anderer Meinung ist, kommt man in den meisten Fällen weiter als mit altklugen Belehrungen oder „emotionalen“ Diskussionen. Im schlimmsten Fall wird der betreffende Gegenstand eben sichergestellt und man hat im Nachgang genügend Zeit sich zu dem Thema zu äußern. Man kann dann schriftlich seine Gründe etc. in aller Ruhe darlegen. Entscheidend ist, ob nun bei der Kontrolle selbst, oder in deren Nachgang: Es kommt darauf ob der Grund des Führens glaubhaft und nachvollziehbar ist, und eine Ausnahme im Sinne des §42a zulässt, oder nicht.
Der §42a in meinem Alltag
Ich selbst wohne und arbeite im ländlichen Raum und habe so gut wie immer ein Messer „am Mann“. Trotz überwiegender Bürotätigkeit habe ich mehrfach täglich Bedarf für ein Messer: Z.B. wollen Kartons geöffnet werden, Folien von Paletten entfernt und Briefe geöffnet werden. Hieraus könnte ich für meinen Berufsalltag ein berechtigtes Interesse nach §42a ableiten. Da ich mich bei der Ausübung meines Berufes aber meistens auf einem privaten, nicht öffentlich zugänglichen Gelände aufhalte spielt dies allerdings kaum eine Rolle. In der Mittagspause lasse ich entsprechende Messer im Büro. Bin ich privat unterwegs, kommt es immer darauf an: Bei der Ausübung diverser Outdoorhobbies, Spaziergängen im Wald u.ä., sehe ich ein berechtigtes Interesse vorliegen. Gehe ich abends aus oder fahre in größere Städte bzw. Ballungsräume zum Shoppen, liegt in meinen Augen meistens kein berechtigtes Interesse vor. In solchen Fällen achte ich nicht nur darauf, dass das betreffende Messer in jedem Fall §42a konform ist. Ich vermeide dann meist sogar „auffällige“ Gürtelmesser oder allzu „taktische“ Messervarianten und entscheide mich für eher „freundliche“ Messer. Besuche ich öffentliche Veranstaltungen, Konzerte oder ähnliches ist auch mal keine Klinge „am Mann“. Probleme bei Kontrollen oder ähnlichem hatte ich bisher keine.
Fazit zum §42a
Fassen wir zusammen: Die Gesetzeslage ist in manchen Punkten zwar einigermaßen klar, in einigen Punkten allerdings relativ schwammig bzw. auslegungswürdig. Im Falle einer Kontrolle oder ähnlichem spielen darüber hinaus weitere Faktoren eine Rolle. Eine konkrete Aussage ob, und wie etwas legal ist lässt sich deshalb nicht pauschal treffen. Man muss mit der Lage zu leben lernen und seinen persönlichen Weg finden. Deshalb können wir hier auf Bladewalkers.de kaum konkrete Aussagen zum Thema „Führen“ treffen bzw. nur in Ausnahmefällen Messer als §42a konform definieren (z.B. Taschenmesser ohne Verrieglung). Sprechen wir also z.B. von einem „EDC“ Messer bezieht sich das auf die Eigenschaften des Messers, nicht auf die gesetzliche Konformität. Die Entscheidung was man wann führt muss der Leser für sich selbst entscheiden.
(Harald)
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