In der Messerwelt, wie auch in anderen Hobbies gibt es die verschiedensten Meinungen zu jedem Thema. Einsteigern fällt es naturgemäß schwer die verschiedenen Aussagen zu bewerten - und es gibt
jede Menge davon die unreflektiert wiedergegeben werden. Es wird vielfach gelobt oder verteufelt ohne dass die Argumente für den Einsteiger immer direkt nachvollziehbar sind. An vielen Stellen
kann man Trends erkennen, die mehr auf Marketing, Markenbewusstsein oder reine Selbstdarstellung als auf pure Fakten zurückzuführen sind.
An dieser Stelle möchte ich daher meine persönliche Meinung und Erfahrungen als Käufer wiedergeben, natürlich ohne den Anspruch auf Unfehlbarkeit zu erheben.
Um die Preisgestaltung nachvollziehen zu können muss man mehrere Faktoren bedenken. Der erste, und am leichtesten nachvollziehbare Faktor der Preisgestaltung ist natürlich das verwendete
Material. Ein teurer Premiumstahl kostet eben mehr als ein Low-End Stahl. Und Kunststoff als Griffmaterial ist eben günstiger als erlesene Tropenhölzer usw..
Die Verarbeitungsqualität selbst ist natürlich auch ein Kostenfaktor. Auch wenn z.B. in Masse auf hochmodernen Maschinen produziert wird Bedarf es eben - will man höchsten Ansprüchen genügen -
ggf. einer gewissen Nachbearbeitung von Hand und in jedem Fall einer ordentlichen Endkontrolle. Das kostet Zeit, benötigt Fachleute und kostet somit Geld.
Die Herstellungsart an sich stellt ebenfalls einen erheblichen Kostenfaktor dar: Einzelanfertigung, Manufaktur oder Industriell gefertigte Ware.
Zeit, Aufwand und das benötigte Fachpersonal müssen hier bedacht werden. Gerade Custommesser, also Einzelanfertigungen können natürlich immens ins Geld gehen, sind dann aber eben auch etwas ganz
Besonderes.
Ein weiteres Element ist natürlich auch das Herstellungsland. Die Produktion in Deutschland ist z.B. deutlich teurer als in China. Würde man ein Messerdesign (Gleiche Menge, Materialien, Qualität
der Verarbeitung usw.) in verschiedenen Ländern produzieren lassen, würden sich erhebliche Preisunterschiede ergeben. Nicht umsonst werden viele Produkte heutzutage im Ausland hergestellt, will
man Kosten sparen.
Design und Entwicklung kosten ebenfalls Zeit und damit Geld. Am Ende spielt dann natürlich noch die Marke eine gewisse Rolle, bestimmte Namen lassen sich eben einfach besser verkaufen. Hat
ein Unternehmen ein gutes Marketing, spiegelt sich das oft im Preis wieder.
Man muss auch eines festhalten: Das Design eines Messer ist nicht immer nur eine rein optische Angelegenheit. Nimmt man gut durchdachte Messerdesigns in die Hand und arbeitet mit ihnen, lernt man
Kleinigkeiten durchaus zu schätzen. Oder aber man hat Spaß an ausgefallenen Designs oder technischen Lösungen. Auch gibt es immer wieder Kooperationen zwischen bekannten Messerdesignern (die z.B.
in Kleinserien Messer produzieren) und größeren Herstellern so das es mitunter „Designermesser“ zum erschwinglichen Preis, sozusagen "von der Stange" gibt.
Eine umfassende Marktübersicht ist kaum möglich, dafür gibt es einfach zu viele Anbieter und Produkte am Markt. Bei einigen Marken ist zudem nicht auf den ersten Blick ersichtlich wo die Messer
eigentlich produziert werden, was schnell zu Trugschlüssen führen kann. Bekannte Marken wie z.B. Spyderco, Kershaw und CRKT (Columbia River Knive&Tool), oder auch deutsche Unternehmen, wie
z.b. Böker, Herbertz, oder Puma lassen einen nicht unerheblichen Anteil ihres Sortiments in China fertigen.
Puma z.B. hat drei Marken, Puma Tec (China), Puma IP (Spanien) und Puma (Manufaktur Solingen, Deutschland). Hier fällt die Herkunftsbestimmung also recht einfach.
Anders bei Spyderco: Produktionsstandorte sind die USA, Japan, Taiwan und China. Allerdings muss man hier schon im Detail schauen. um zu erkennen, aus welchem Land das Messer nun eigentlich
stammt. Hat man keine Produktbeschreibung erkennt man z.B. die Produkte aus China , neben dem Preis natürlich, oft am „typischen“ 8Cr13MOV Stahl. Hat man gute Produktbilder kann man die Herkunft
auch anhand der Gravur auf der Klinge erkennen. Hinzu kommt die Marke „Byrd“ welche die Budget-Linie von Spyderco darstellt und statt des berühmten „Spydyholes“ (dem runden Daumenloch) ein
tropfenförmiges Daumenloch in der Klinge aufweisen.
Aus China kommen zudem noch einiges mehr, von eigenständigen Produkten und Marken, über Produkte mit „entlehnten“ Designelementen, bis hin zu dreisten Produktfälschungen (inkl. Zertifikate
und Verpackungen). Auf die rechtlichen und moralischen Aspekte der Produktpiraterie werde ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Fakt ist aber: Viele Produkte, gerade von den "großen"
Unternehmen, in einem Preisbereich bis etwa 100 € kommen aus Asien oder anderen günstigen Produktionsländern.
Allerdings heisst das auf keinen Fall, dass die Produkte qualitativ schlecht sind. Es kommt immer auf alle Faktoren zusammen an. Und gerade einige "Chinamarken" bieten sehr viel für
verhältnismäßig wenig Geld.
Es gibt vermutlich noch ein paar Faktoren die bei der Preisgestalltung eine Rolle spielen. Aber der entscheidende Faktor ist letztlich der Käufer. Die Nachfrage regelt automatisch den Preis.
Natürlich zwingt gerade dieser Umstand Unternehmen dazu - um konkurenzfähig zu bleiben - im Ausland produzieren zu lassen. Das ist natürlich nicht nur im Bereich der Messer so, das findet sich
nahezu überall.
Kunden sind auch nicht unbedingt rational. Sieht man Messer als Kunstwerke, was diese durchaus sein können, spielen die Herstellungskosten eine untergeordnete Rolle. Es geht darum wer hat das
Messer gemacht und wie selten ist es. Natürlich muss es darüberhinaus noch jemandem gefallen. Kunst eben - es ist bei Messern wie bei Gemälden.
Um ein kleines Fazit zu ziehen: man kann den Wert eines Messers letztendlich nur individuell für sich selbst bestimmen. Sieht man etwas als Werkzeug, geht es eher um Anforderungen an das
Material, die Verarbeitung und den angedachten Verwendungszweck.
Sammler haben evtl. ganz andere Vorstellungen. Und Fashionvictims kaufen eben eher den Namen als das Produkt. Die (Messer-)Welt ist so vielseitig, da gibt es für jeden Etwas.
Kommentar schreiben